Sehnsucht nach Sonne? Dann fliegen Sie im März nach Porto und fahren von dort aus den Douro hoch – entweder mit dem Schiff, dem Zug oder einem Mietwagen. Und wer sich mal von einem portugiesischen Adligen verwöhnen lassen will, checkt in Provezende bei Manuel ein…

Toni? Von welchem Toni reden Manuel Villas-Boas, nonchalanter Nachfahre einer portugiesischen Adelsfamilie und mein Begleiter, der Sommelier Ed Richter, nur? Gut, dass ich nicht nachgefragt habe. Damit hätte ich mich als Novizin in Sachen Portwein geoutet. Denn der Toni, um den es hier geht, heißt Tawny. Das ist englisch und bedeutet übersetzt gelbbraun und meint einen Portweintyp von eben dieser Farbe mit feinen Nuss- und Mandelaromen. Wir sind zu Gast im Weingut - oder Quinta wie es in Portugal heißt - "Morgadio da Calcada" in Provezende im Douro-Tal. Manuel hat die familieneigene Villa aus dem 17. Jahrhundert zu einem Boutique-Hotel mit acht Gästezimmern umgebaut – inklusive Pool. Hinter der weißen, herrschaftlichen Fassade versteckt sich ein Kleinod, in dem sich modernes Interior Design aufs Schönste mit dem barocken Lifestyle der Ahnen des Hausherren vereint.

Wer jetzt vielleicht glaubt, dass es beim Adel besonders steif zugeht, ist im Irrtum. Manuel ist ein lässiger, aber keineswegs nachlässiger Gastgeber. Mitunter steht er für seine Gäste sogar selbst in der Küche. Heute gibt es feine Steaks. Dazu serviert er seine eigenen, ganz hervorragenden Weine, die er - genauso wie seine Ports - gemeinsam mit dem weltbekannten Önologen Dirk Niepoort herstellt. Einige der Trauben dafür wachsen gleich hinter dem Anwesen. Während Ed und Manuel fachsimpeln, kuschle ich mich aufs helle Sofa vor dem Kamin im gemütlichen Salon und lasse mir den "Morgadio da Calcada Dry White" auf der Zunge zergehen. Der weiße Port duftet nach getrockneten Früchten, Nüssen, Malvenblüten und reifen Orangen. Am Gaumen ist er weich, frisch und relativ trocken. Ein wunderbarer Aperitif: Egal, ob pur oder als Longdrink mit Tonic, Eis und einer Scheibe Zitrone - der könnte übrigens diesen Sommer das In-Getränk schlechthin werden.

Am nächsten Morgen zeigt uns Manuel Provezende. Hier liegt einem die Schönheit des Douro-Tals zu Füßen. Denn das 300-Seelen-Örtchen mit den kleinen, weiß getünchten Häusern thront hoch auf einem Hügel über dem Städtchen Pinhau, durch das sich der Douro träge schlängelt. Manuel erzählt, dass Provezende im 17. und 18. Jahrundert der Hotspot für die Reichen und Schönen Portugals war. Vom einstigen Glanz sind aber meist nur die Fassaden der prächtigen Herrenhäuser übrig geblieben. Schön sind sie trotzdem. Im Dorf scheint die Zeit etwas langsamer zu ticken. Vor dem Café auf dem Hauptplatz sitzen die Männer jedenfalls gemütlich in der Sonne. Von einem Minilaster werden frische Backwaren verkauft.
Von Provenzede hat man eine wunderbare Aussicht auf den Douro. So weit das Auge reicht schmiegen sich Weinreben-Terrassen in die steilen Hänge. Ganz unten, in der Ferne ist Pinhau so sehen. Da wandern wir morgen hin. Gegen zehn Uhr geht es los. Früher wäre besser gewesen. Denn in der Mittagszeit heizt uns die Sonne auf den steilen Pfaden durch die Weingärten heftig ein. Egal, nach dem Winter tut das Licht gut und schwitzen hat ja auch noch keinem geschadet. Mit jedem Schritt wird deutlicher, warum das Douro-Tal zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Diese Landschaft ist spektakulär schön. In Pinhau lohnt sich übrigens ein Blick ins Bahnhofsgebäude. Seine kunstvollen, bunten Fließenbilder gehören zu den schönsten im Norden Portugals. Keinesfalls verpassen: Einen Kaffee, Tee, Wein oder was auch immer auf der Terrasse des 5-Sterne-Hotels "Vintage House" zu trinken. Sie liegt direkt am Douro. Einfach nur sitzen, aufs Wasser schauen und genießen - bevor es dann wieder den Berg hoch zu Manuel geht.
Infos: Bis 28.2.2016 ist die Quinta "Morgadio da Calcada" noch saisonbedingt geschlossen. Die Preise für 2016: Das Doppelzimmer mit Frühstück kostet für eine Übernachtung 90 bis 110 Euro in der Nebensaison, in der Hauptsaison 110 bis 135 Euro.
Viele Tipps für die Urlaubsplanung im Douro-Tal finden Sie unter visitportoandnorth.travel
Fotos: Ed Richter (8), Morgadio da Calcada (3)
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