Das prickelt (Teil 3): Champagner von Jean Velut

Bei einem Radel-Urlaub in der südlichen Champagne haben wir von Troyes einen Abstecher ins nahe gelegene Montgueux gemacht, um Champagne Jean Velut zu besuchen. Ein kleines Familien-Unternehmen, das auf Chardonnay-Champagner spezialisiert ist. Toller Prickelstoff, den wir bereits auf der Champagne Week 2015 entdeckten. Also nichts wie hin: Probieren, einkaufen und einladen :-)

Zu Besuch bei den Veluts

Beginne den Tag mit einem Lächeln und beende ihn mit Champagner. Wer das gesagt hat, ist unbekannt, aber ein guter Rat ist es allemal. In der südlichen Champagne fällt beides nicht schwer - weder das Lächeln (Troyes ist eine Stadt zum Verlieben, siehe unten), noch Champagner zu trinken. Zumal man ihn direkt bei tollen Produzenten - z. B. den Veluts - kaufen kann.

 

Man sieht sich immer zweimal im Leben. So war das auch mit Benoit Velut und uns. Kennengelernt haben wir ihn und seinen Vater Denis auf der Champagne Week 2015 in Reims. Sie gehören mit ihrem Weingut Champagne Jean Velut zur Gruppe "Passion Chardonnay". Das sind Winzer, die auf ihrem speziellen Boden - oder Terroir - das Beste aus der Chardonnaytraube herausholen. Neben viel Eleganz und Qualität ist das eine einzigartige Mineralik. Die haben wir Algen und ihren Kalkausscheidungen sowie brüchigen Schalenteilchen von kleinsten Meereslebewesen zu verdanken, die vor Millionen Jahren hier im Urzeitmeer schwammen. Klingt vielleicht nicht lecker. Ist aber ein hervorragender Nährboden für reine Chardonnay-Champagner. Die sind normalerweise hochpreisig. Nicht so bei Jean Velut. Der Einstiegs-Champagner "Premier Temps" kostet 14,40 Euro (zumindest als wir dort waren, in Deutschland online 16, 90 Euro). Ein runder Prickler mit acht Gramm Dosage. Wie geschaffen für einen eleganten Aperitif und für alle, die es etwas weicher und nicht zu stringent-trocken mögen. Ich dagegen liebe Champagner Brut Nature, also ohne Dosage. Benoit geht es genauso. Deshalb würde er gerne mehr Champagner wie den "Patience Brut Nature" (ab Weingut 20,90 Euro, in Deutschland online 25,95 Euro) produziern, der acht Jahre auf der Hefe reift, erzählt er uns während der Verkostung. Aber noch hat sein Vater das Sagen. Und der arbeitet gerne mit etwas Dosage. Denn sie ist es, die den Champagner vollens zugänglich und verführerisch macht.

 

Besucher sind den Veluts immer willkommen. Benoit spricht sehr gut Englisch. Also keine Scheu, falls Ihr Französisch nicht fließend ist. Weil die Veluts das Weingut als kleine Familie stemmen, gibt es keinen Shop mit festen Öffnungszeiten. Man muss sich  zur Verkostung und zum Einkaufen anmelden


Champagne Troyes Chez Philippe Champagner Bar Ed Richter
Schöner Service: Im Fenster der Bar "Chez Philippe" erfährt man mehr über die Winzer, deren Champagner hier auf der Karte stehen

Drei gute Gründe Troyes zu lieben

1. Hervorragend essen und trinken:

Chez Philippe: Wie sollte es in einer Stadt, die im Champagner-Gebiet liegt, anders sein. In Troyes gibt es natürlich eine tolle Champagner-Bar. Wir waren jeden Abend bei Philippe, um einen Aperitif zu nehmen. Auf seiner Karte finden sich zehn Winzer aus der Region, dem Côte des Bar. Innen ist die Bar wie ein Wohnzimmer eingerichtet, mit Sesseln und Sofas, sehr gemütlich. Noch schöner sitzt man draußen, nämlich mitten in der Altstadt. Sitzen, schauen und genießen. Herrlich. Ein Glas Champagner um 9 Euro.

La Mignardise: Wenn die Einwohner von Troyes etwas zu feiern haben oder sich etwas Besonderes gönnen wollen, gehen sie in dieses Restaurant. Sein Eingang versteckt sich in einem idyllischen, kleinen Gärtchen im Zentrum von Troyes. Es gibt traditionelle franzöische Speisen, raffiniert interpretiert und wunderschön angerichtet - als Vorspeise z. B. eine Terrine aus Languste und Erbsenkraut.  Das Mittagsmenü mit zwei Gängen kostet 23 Euro, das Abendmenü mit drei Gängen 42 Euro.

Le Damier: Wenn man außen vor dem schön restaurierten Fachwerkhaus steht, ahnt man nicht, dass es einen innen eher in die 1970er Jahre beamt, was die Einrichtung anbelangt. Für 15,50 Euro bekommt man ein Mittagsmenu mit drei Gängen. Es gibt Spezialitäten aus der Region. Wir hatten z. B. die Vorspeise mit Radieschen, die man in warmen Chaource-Käse aus der Champagne taucht. Einfach, aber sehr köstlich! Und witzig angerichtet. Zum Menü hatten wir eine Flasche süffigen Aligoté für 20 Euro.

Markthalle: Die in Troyes ist aus dem 19. Jahrhundert. Hier bekommt man alles, was das Genießerherz begehrt. Käse, Langusten, Fisch, frisches Gemüse und Obst - alles zu günstigen Preisen bei guter Qualtiät. Das Highlight für alle Naschkatzen ist der Stand vom Chocolatier Pascal Caffet. Wir kosten Aime-moi (liebe mich) und  Paradis (Paradies). Die Namen der Pralinen versprechen nicht zu viel. Selbst mich verführen sie dazu, mehr zu probieren. Obwohl mich Süßes sonst eher kalt lässt.

2. Entspannt radeln: Der Kanal der oberen Seine ist wie geschaffen für einen Radausflug. Wenn man ihn gefunden hat. Als echte Pfadfinder verfahren wir uns natürlich in Troyes ein paar Mal, bis wir auf der richtigen Spur sind. Aber dann geht es in schönster, grüner Idylle 25 Kilometer am Wasser entlang. Keine Steigungen, nur sanftes Dahinrollen, ab und zu spenden die Bäume am Wegrand Schatten. Ziemlich am Ende des Kanal erwartet uns eine bezaubernde Überraschung. Sandra hat aus einem alten Schleusenhäuschen das kleine Gartenrestaurant L'Écluse de Saint-Mesmin gemacht. Wir sitzen auf pinken Stühlen unterm pinken Sonnenschirm, trinken Cidre (Flasche 6,80 Eiro), essen Salat mit Entenschinken (11,50 Euro). Die Sonne lacht und das Leben könnte nicht schöner sein. Die ebenso hübsche wie herzliche Sandra ist eigentlich Stewardess. Aber von Juli bis September bewirtet sie auch am Kanal die Gäste aufs Beste. Zum Abschied gönnen wir uns ein Glas Champagner (4,50 Euro) und radeln beschwingt weiter.

3. Kunst erleben: Troyes ist ein Gesamtkunstwerk. Da ist zum einen die Altstadt, das Johannisviertel mit seinen leicht windschiefen, bunten Fachwerkhäusern. Die Gassen sind eng und belebt. Totzdem entdecken wir stille Plätze, die das Herz berühren. Zum Beispiel der Innenhof des Handwerksmuseums, ein imposantes Patriziergebäude aus dem 16. Jahrhundert. Hier lassen sich die Brautpaare von Troyes gerne fotografieren. Oder der friedvolle Garten der Unschuld der Kirche Sainte-Madeleine. Alles blüht in Weiß. Am Kanal in Troyes ist Kunst eine feste Institution. Er selbst ist Fläche für Ausstellungen, die alle sechs Monate wechseln. An einem Ende sitzt Lily auf der Bank und träumt vor sich hin. Am anderen Ende des Kanals wartet eine Figur, die an eine Tänzerin von Henri Toulouse-Lautrec erinnert, auf einen Kuss. Am Kanal liegt Liebe in der Luft - vor allem, wenn abends vor dem Café Plaza der Gehweh zum Tanzparkett wird. Selbstvergessen wiegen sich Paare im Rhythmus der Musik.

Fotos: Ed Richter

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

Hier erreichen Sie mich

Haben Sie Genuss-Tipps für mich, was Weingüter, Restaurants, Hotels etc. anbelangt oder wollen Sie über neue Einträge informiert werden? Einfach unten Ihren Namen, Ihre Email-Adresse eintragen und Ihre Nachricht schreiben. Dann zum Absenden ganz unten auf den großen, weißen Button drücken. Danke!

Hinweis: Bitte die mit * gekennzeichneten Felder ausfüllen.